Stellungnahme vom 31. Jan 2022
Norderweiterung des Tontagebaus „Schenkenbusch“ in Alfter-Witterschlick
Az 62.05.2-2021-3
Stellungnahme des LSV zur Norderweiterung des Tontagebaus „Schenkenbusch“ in Alfter-Witterschlick
1. Planungsrechtliche Situation:
Der Regionalplan weist das ca. 17,22 ha große Plangebiet (+ ca. 0,16 ha Lüsbacher Weg) als „Bereich für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher nichtenergetischer Bodenschätze“ aus, der Flächennutzungsplan der Kommune Alfter als „Gelände für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen“ sowie als „Fläche für die Landwirtschaft“.
Die Erweiterungsfläche für den Tonabbau liegt im Landschaftsschutzgebiet (LSG-5207-0001). Erforderlich sind Befreiungen von den Verbotsvorschriften des Landschaftsschutzes durch den Rhein-Sieg-Kreis im Benehmen mit dem Naturschutzbeirat bei der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises.
2. Abstand zur Wohnbebauung:
Der Fachbeitrag Artenschutz … für den Tontagebau Schenkenbusch – Norderweiterung (Freiraumplanung Diefenthal, Moschheim, 22.06.2021) gibt eine „Entfernung von über 100 m“ zur im Osten der Erweiterungsfläche liegenden Ortschaft Alfter-Witter-schlick an (S. 12). In ihrer Umweltverträglichkeitsstudie (UVP-Bericht nach § 16 Abs. 1 UVPG) mit integr. Landschaftspflegerischen Begleitplan für den Tontagebau Schenkenbusch - Norderweiterung in der Gemeinde Alfter vom 21.06.2021 spricht die Freiraumplanung Diefenthal dagegen von einer „Entfernung (ca. 200 m) zur angrenzenden Wohn- und Mischbebauung der Ortslage von Witterschlick“ (S. 26).
Dem gültigen Abstandserlass des Landes NRW (Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – V-3-8804.25.1 vom 06.06.2007) zufolge ist bei „Anlagen zur Gewinnung oder Aufbereitung von Sand, Bims, Kies, Ton oder Lehm“ ein Mindestabstand zu Siedlungsbereichen von 300 m im Regelfall einzuhalten (Anlage 1, laufende Nr. 146, S. 18).
Im Juli 2021 beschloss die Ratsvertretung der Kommune Alfter, ab 2023 unterhalb eines der Rückhaltebecken innerhalb der Norderweiterung des Tontagebaus Schenkenbusch das Neubaugebiet „Buschkauler Feld“ zu realisieren. Diese geplante Wohnsiedlung wurde von der SIBELCO in ihren aktuellen Antragsunterlagen nicht berücksichtigt.
Anregungen des LSV:
- Die Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichen Abstandsangaben der Freiraumplanung Diefenthal (mal 100 m, mal 200 m) zwischen der beantragten Norderweiterung des Tontagebaus der SIBELCO und den Ortslagen von Alfter-Witterschlick werden ausgeräumt.
- Es wird geprüft, ob der im Abstandserlass NRW vorgesehene Mindestabstand von 300 m eingehalten werden muss.
- Das beschlossene Neubaugebiet „Buschkauler Feld“ wird in die Abstandsberechnungen einbezogen.
3. Geotechnische und hydrogeologische Aspekte:
Anmerkung: Wir danken unserem Berater, dem Geologen Dr. Michael Veerhoff aus Alfter, für seine sachkundigen Hinweise und Ausarbeitungen.
3.1. Schutzgut Boden:
Die Anmerkungen von 2018 seitens des Landschafts-Schutzvereins Vorgebirge (LSV) zu den unvollständigen Darstellungen und teilweise nicht korrekten Schlussfolgerungen zum Schutzgut Boden im Rahmenbetriebsplan der SIBELCO 2017 (Norderweiterung des Tontagebaus Schenkenbusch) wurden durch eine im Auftrag 2021 des Antragstellers durchgeführte bodenkundliche Feinkartierung teilweise berücksichtigt. Obwohl eine Vielzahl von Bodenparametern im Gelände und Labor erhoben wurden, sind allerdings in den Ausführungen zur „Bodenkundlichen Standortbewertung“ (Anlage 5) nach wie vor Unstimmigkeiten/Mängel vorhanden, so z.B.:
- das Fehlen von Oberbodenhorizonten in einigen Bohrungen
- keine Fotodokumentation der Bohrungen (gängige Praxis bei Bodenkartierungen)
- keine Schürfe zur Kalibrierung der Bohrbefunde mit der tatsächlichen Bodenhorizontierung im Gelände
- keine Flächendarstellung der Bohrergebnisse = Bodentypenkarte
- Zuordnung von Bodenparametern zu einzelnen Probenahmepunkten teilweise nicht nachvollziehbar
- Widersprüche zwischen den Ergebnissen der Bodenuntersuchungen im Rahmenbetriebsplan 2021 und der Kartendarstellungen des Geologischen Dienstes NRW sowie der Bodenkarte zur Standorterkundung M 1:5.000, Blatt 2570 5616 Volmershoven nicht geklärt
3.2. Geologie und Lagerungsverhältnisse der Tonlagerstätte:
Die Anmerkungen aus dem Jahr 2018 zu den aus Sicht des LSV sehr ungenauen, oberflächlichen Angaben zur Geologie sowie den Lagerungsverhältnissen und den Abbaumächtigkeiten der Tonlagerstätte wurden durch detaillierte geoelektrische Erkundungen im Auftrag des Antragstellers berücksichtigt (Geoelektrische Erkundung Tonvorkommen „Witterschlick“, Terrana Geophysik, Mössingen, 08.05.2018).
Diese Geoelektrischen Erkundungen bieten jedoch keine absolut verlässliche Grundlage. Die Dipl.-Geol. Dr. Martin Waldhör und Dip.-Geol. Harald Scherzer räumen in ihrem Bericht „Unsicherheiten des Verfahrens und Aussagewahrscheinlichkeit“ (S. 5) denn auch ein: „Geophysikalische Messungen sind indirekte Aufschlussverfahren, die den Untergrund von der Oberfläche aus erkunden. Geophysikalische Ergebnisse haben aufgrund physikalisch-mathematischer Gründe grundsätzlich den Charakter einer Vor-aussage, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ... zutrifft. Daher ist es nicht möglich, eine Garantie auf ermittelte Schichtmächtigkeiten und -beurteilungen zu geben“.
Die SIBELCO betonte 2018 in der Presse (vgl. LSV-Stellungnahme vom 11.04.2018), es gäbe die von uns aufgrund der Untersuchungen des Geologen Dr. Michael Veerhoff vermissten und deshalb angemahnten Bohrungen im nördlichen Teil der beantragten Erweiterungsfläche (vgl. unsere Stellungnahme vom 01.03.2018: S. 4 f. „Geologie der Lagerstätte“ und Anhänge: Karten 6 – 8). Die der SIBELCO vorliegenden Bohrergebnisse aus den 1950er und 1960er Jahren wären allerdings nicht in den Antragsunterlagen enthalten, da sie "bis heute vertraulich" seien und "bei Veröffentlichungen stets der Freigabe des Eigentümers" bedürften. Außerdem lägen der Firma "Auszüge aus dem Bohrarchiv des Geologischen Dienstes NRW" vor, die 2017 nicht in den Antragsunterlagen für die Beteiligung der Träger Öffentlicher Belange und der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgelegt wurden. Nach unserer rechtlichen Einschätzung unterliegen planungsrelevante Bohrunterlagen laut "Umweltinformationsgesetz" nicht der Geheimhaltung.
Anregung des LSV:
Die der SIBELCO vorliegenden Bohrunterlagen werden vollständig vorgelegt, damit sie mit der nun vorliegenden Geoelektrischen Erkundung des Tonvorkommens Alfter-Witterschlick abgeglichen werden können. Nur so können nach wie vor bestehende Unsicherheiten über die Abbaumächtigkeiten der Tonlagerstätte verlässlich ausgeräumt werden.
3.3. Hydrogeologie:
Die hydrogeologischen Verhältnisse insbesondere im Hinblick auf mögliche Auswirkungen der Abgrabungen auf wasserführende Bodenhorizonte im Bereich des Tontagebaus sind im neuen Rahmenbetriebsplan 2021 sehr ausführlich untersucht und dargestellt worden. Der Gutachter kommt zu dem Schluss, dass „der geplante Abbau … nach dem heutigen Kenntnisstand keine qualitativen Auswirkungen auf das oberflächennahe Grundwasser“ hat.
Ferner wird angemerkt, dass „die Beeinflussung des oberflächennahen Grundwassers bzw. die hydraulischen Verhältnisse bei einer Erweiterung des Tagebaus in nördlicher Richtung im Wesentlichen auf den unmittelbaren Nahbereich um den Tagebau begrenzt sein wird“ (geo:contor: Hydrogeologische Bewertung der geplanten Norderweiterung im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf wasserführende Bodenhorizonte, Butzbach, 09.08.2021, S. 20).
Anregung des LSV:
Es wird überprüft, ob eine negative Beeinflussung der hydrologischen Verhältnisse der unmittelbar nördlich der Abgrabung gelegenen landwirtschaftlichen Betriebe (z.B. Apfelplantagen des Obsthof Wolfsberg von Familie Mager) ausgeschlossen werden kann.
Die Empfehlungen des Gutachters der SIBELCO (2021):
- die Grundwasserstände der Messstellen GWMS 1 bis 5 kontinuierlich zu messen, um weitere belastbare hydrogeologische Daten zu erhalten.
- zusätzlich den Quellabfluss im Bereich des Buschkaulergrabens zu beobachten und ggfs. zu messen.
- im Umfeld des Tagebaus die Nassstellen auf deren Feuchtgehalte zu beobachten.
sind daher aus Sicht des LSV notwendig und wichtig.
Anregung des LSV:
Es werden konkrete Vorüberlegungen zu notwendigen Konsequenzen/Maßnahmen für den Fall getroffen, dass die Ergebnisse an den Messstellen bzw. aus den Beobachtungen eine dauerhafte Austrocknung der Böden in den angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen als Folge der Abgrabung belegen.
3.4 Starkregenereignisse bei Wetterextremen:
Die Umweltverträglichkeitsstudie … für den Tontagebau Schenkenbusch - Norderweiterung in der Gemeinde Alfter der Freiraumplanung Diefenthal vom 21.06.2021 gibt an: „Sowohl die oberirdische als auch die unterirdische Entwässerung des Untersuchungsgebietes ist von Westen nach Osten auf das Einzugsgebiet des Hardtbaches ausgerichtet. Nach Auswertung der Grundwassergleichen der quartären Schichten wird der geplante Erweiterungsbereich von West nach Ost durchströmt“ (S. 24).
„Bei Starkregenereignissen dienen die Restmulden als Retentionsräume. Sowohl die Restmulde nördlich (18.000 m²) als auch südlich (41.000 m²) des Lüsbacher Weges sind mehr als ausreichend dimensioniert. Bei einem HQ100 kommen deutlich geringere Mengen, 7.700 m³ nördlich und 18.100 m³ südlich, als das Fassungsvermögen der Mulden zum Abfluss“ (S. 34).
Infolge des Klimawandels muss künftig deutlich häufiger mit extrem hohen Niederschlagsmengen und dadurch verursachten Überschwemmungen gerechnet werden. Nach Feststellung des Meteorologen Sven Plöger kann ein bisheriges 10.000-jähriges Starkregenereignis jetzt ein 100-jähriges sein. Vom 12. bis zum 14. Juli fielen an der Ahr 115,3 l/qm, an der Erft 129,5 l/qm Niederschläge. Für die an den Tontagebau Schenkenbusch benachbarten Wohngebiete von Alfter-Witterschlick fehlen Gefährdungsuntersuchungen, wie sich solche Extremwetterlagen auswirken würden, obwohl die Berechnungen der SIBELCO drei Wochen nach diesem Starkregenereignis eingereicht wurden („Berechnung zur Bemessung von Regenrückhalteräumen“, Ordner 3, Anlage mit Anhang „Erläuterungsbericht...“).
Der LSV sieht bezüglich der Gefährdungslage durchaus eine Parallele zu Erfstadt-Blessem, wo es für die Anlieger zu verheerenden Erdrutschen kam. In Blessem betrug der Grubenabstand der Rheinischen Baustoffwerke zur benachbarten Wohnbebauung 300 m. Die Norderweiterung des Tontagebaus Schenkenbusch soll nach dem Willen der SIBELCO sogar nur einen Abstand von ca. 100 m bis 200 m zur Wohnbebauung haben. Zudem soll ab dem Jahr 2023 unterhalb eines der drei Rückhaltebeckens innerhalb der Norderweiterung des Tontagebaus Schenkenbusch auf Beschluss des Alfterer Gemeinderates vom Juli 2021 das Neubaugebiet „Buschkauler Feld“ realisiert werden. Von der SIBELCO wurde dieses Neubaugebiet in ihrem aktuellen Antrag nicht berücksichtigt.
Hangabwärts liegende Wohnbebauung in direkter Nachbarschaft zum beantragten Tonabbau (Foto: Dr. Michael Pacyna)
Obwohl im Bereich der Tongrube Schenkenbusch keine unmittelbar bedeutsamen Fließgewässer (vergleichbar mit der Erft) vorhanden sind, so stellt sich die Frage der Auswirkungen eines Jahrtausend-Niederschlags wie im Juli 2021. Bei extremem, lang anhaltendem Starkregen werden die +/- sandigen Böschungen von der Oberfläche her mit Sickerwasser aufgesättigt. In der Grube staut sich immer mehr das Wasser an, so dass sich die Grube über der undurchlässigen Tonschicht mit Wasser auffüllt. Das bedeutet, durch den kapillaren Wasserdruck steigt vom Liegenden her die Wassersättigung in den Böschungen ebenfalls an. Dies kann zu einer immer stärker anwachsenden Instabilität und schließlich zu Rutschungen der Böschungen führen. Solch eine rückschreitende Erosion hat wohl in Erftstadt-Blessem stattgefunden (siehe Anhang Grubenböschung bei Starkregen, Dr. Michael Veerhoff, Alfter, 26.01.2022).
HQ ist ein Abfluss (Menge/Zeiteinheit [l/s]) eines bestimmten Fließgewässers. Der hinter einem HQ stehende Regen [l/(s*ha)] und seine Häufigkeit korrelieren nicht direkt mit der Stärke eines Abflusses. Ein lang anhaltender "Landregen" kann in der Summe enorme Abflussmengen erzeugen, aber einen geringen Abfluss (z.B. HQ80) bewirken, während ein mittlerlanger Starkregen einen höheren Abfluss erzeugen kann. Einflüsse wie wassergesättigte oder extrem trockene oder gefrorene Böden sind maßgebend. Um für ein bestimmtes Gebiet eine Aussage machen zu können, müssen verschiedene Regenereignisse und Abflussbedingungen betrachtet und das ungünstigste Szenario zur Grundlage der Gefahrenabwehr gemacht werden.
Anregungen des LSV:
- Es wird nachvollziehbar geprüft, welche Folgen Extremniederschläge auf den Tontagebau Schenkenbusch und die Wohnbebauung von Alfter-Witterschlick inklusive des Neubaugebietes „Buschkauler Feld“ haben könnten.
- Es werden Maßnahmen wie eine größere Dimensionierung der Retentionsräume und zusätzliche Böschungssicherungen festgesetzt, die eine Gefährdung der Bevölkerung Alfters bei solchen Wetterextremen sicher ausschließen.
3.5 Geltungsdauer des Rahmenbetriebsplans:
Der Rahmenbetriebsplan soll bis 2060 gelten. Der Fachbeitrag Artenschutz … für den Tontagebau Schenkenbusch – Norderweiterung führt zum Abbauzeitraum einerseits aus: „Bei einer durchschnittlichen Förderung von ca. 120.000 t/a ist die Rohstoffversorgung am Standort Witterschlick für einen Zeitraum von knapp 30 Jahren gesichert“ (S.13). Auf S. 53 wird andererseits von einer „geplanten 40 Jahre dauernden Abbautätigkeit“ gesprochen.
Anregung des LSV:
Die widersprüchlichen Angaben zur Dauer der Abbautätigkeit werden überprüft und die Geltungsdauer des Rahmenbetriebs gegebenenfalls verkürzt.
4. Natur- und Artenschutz:
4.1 Das Scoping für die UVP fand bereits am 19.11.2008 statt. Der LSV wurde kurz danach am 08.12.2008 vom Umweltbundesamt als Träger Öffentlicher Belange anerkannt und konnte daher zu diesem Scoping nicht eingeladen werden. Wir bezweifeln zudem, dass nach mehr als 13 Jahren die damaligen Forderungen an die UVP insgesamt noch angemessen sind.
Die Umweltverträglichkeitsstudie der Freiraumplanung Diefenthal vom 21.06.2021 bestätigt unsere Einschätzung: „Die aktuell geplanten Änderungen des beantragten Rahmenbetriebsplanes stellen gegenüber der Planung in der Fassung aus dem Jahr 2017 eine wesentliche Änderung im Sinne von § 52 Abs. 2 c BBergG dar. Die erforderliche Identität ist daher nicht mehr gegeben und das aktuelle UVPG (2020) ist anzuwenden“ (S. 5).
Anregung des LSV:
Nachdem die beiden Vorläufer-Anträge vom Bergbau-Unternehmen SIBELCO DEUTSCHLAND GmbH zurückgezogen wurden und nun ein neuer Antrag vorliegt, regen wir eine ergänzende Scoping-Abfrage für die UVP zum aktuellen Antrag an. Den heute zu Beteiligenden wird hierzu das Ergebnisprotokoll des Scoping aus dem Jahr 2008 durch die Bergbehörde zugesandt.
4.2 Der Fachbeitrag Artenschutz … für den Tontagebau Schenkenbusch – Norderweiterung der Freiraumplanung Diefenthal aus Moschheim vom Juni 2021 ist aus Sicht des LSV überwiegend nachvollziehbar. Wir weisen aber auf zwei Punkte hin:
- Im Fachbeitrag Artenschutz wird zur streng geschützten Feldlerche ausgeführt: „Die Feldlerche hat zwar im Frühjahr [2018] ein Revier auf den Ackerflächen bezogen, sie konnte jedoch später hier nicht mehr nachgewiesen werden.“ Grund sei die intensive ackerbauliche Nutzung der für die Norderweiterung des Tonabbaus vorgesehenen Fläche (S. 27). Das entspricht nicht unserem Informationsstand, dem zufolge die Feldlerche auch nach 2018 im Planungsbereich gesichtet wurde.
Anregung des LSV:
Es erfolgt eine Nachkartierung zum aktuellen Brutvorkommen der Feldlerche innerhalb und in unmittelbarer Nachbarschaft der Erweiterungsfläche.
- Der Fachbeitrag Artenschutz führt zum ebenfalls planungsrelevanten Steinkauz, welcher am Ostrand der geplanten Erweiterungsfläche brütet, aus: „Der vermutete Nistplatz des Steinkauzes in einer Niströhre ist von der Grubenerweiterung nicht unmittelbar betroffen. Die angrenzenden Offenlandflächen werden als Nahrungshabitat genutzt“ (S. 24). Der kommende Tonabbau stünde dann aber als Ersatz-Nahrungshabitat zur Verfügung. Wir bezweifeln, dass dieser erheblich veränderte Bereich vom Steinkauz bei laufendem Bergbaubetrieb anstelle der bisherigen Offenlandflächen angenommen wird. Tonabbau findet in einem feuchten Milieu statt, das Steinkäuze meiden, u.a. weil dort weniger Beutetiere wie Heuschrecken vorkommen.
Hier in unmittelbarer Nähe des beantragten Tonabbaus nistet der streng geschützte Steinkauz (Foto: Dr. Michael Pacyna)
Anregung des LSV:
Als Ausgleich für die erhebliche Störung des Steinkauzpaares durch eine bedeutsame Inanspruchnahme von Nahrungsflächen durch den Tonabbau wird in der Nachbarschaft des Brutplatzes eine Streuobstwiese angelegt.
4.3 Im Vergleich zum Fachbeitrag Artenschutz weist die Umweltverträglichkeitsstudie der Freiraumplanung Diefenthal erhebliche Mängel auf:
- Aus Sicht des LSV ist eine Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung zur Summationsbetrachtung erforderlich. In der Nachbarschaft zur beantragten Tagebaufläche liegen das FFH-Gebiet „Waldville“ (DE-5207-301) und das deckungsgleiche Vogelschutzgebiet "Kottenforst-Waldville" (DE-5308-401) mit Nistplatzstandorten planungsrelevanter, im Freiraum jagender Vogelarten wie dem Rotmilan. Bei Umwandlung der Lebensraumfunktionen des Offenlandes infolge eines Tontagebaus ist die bisher ackerbaulich geprägte Fläche für etliche geschützte Arten als Nahrungsraum nicht oder nur noch eingeschränkt nutzbar. Die vorliegenden FFH- und VSG-Vorprüfungen sind unzureichend.
Anregung des LSV:
Eine Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung wird durchgeführt, um die Wechselwirkungen zwischen Reproduktions- und durch den Tonabbau stark veränderten Nahrungsräumen umfassend zu überprüfen.
- Die Umweltverträglichkeitsstudie der Freiraumplanung Diefenthal geht von einer erheblichen Überkompensation des Eingriffs in Natur und Landschaft aus. Diese soll im Verlauf der Rekultivierung des Tontagebaus durch die Schaffung von Flächen erfolgen, die dem Artenschutz dienen (S. 38). Der LSV weist darauf hin, dass diese Auffassung nicht haltbar ist. Es sind vielmehr wirksame Ausgleichsmaßnahmen ohne zeitliche Unterbrechungen der Nutzbarkeit des durch den Tonabbau massiv umgestalten Lebensraums betroffener Arten festzulegen.
Anregung des LSV:
Es wird ein verbindliches Konzept zum Artenschutz erarbeitet, um zeitliche Unterbrechungen der Nutzbarkeit des umgestalten Freiraums durch planungsrelevante Arten auszuschließen.
5. Beeinträchtigung der Erholungsnutzung:
Der LSV teilt die Einschätzung in der Umweltverträglichkeitsstudie der Freiraumplanung Diefenthal, dass der „Untersuchungsraum zur ortsnahen Erholung durch Spaziergänger genutzt [wird], da er über gute Wegeverbindungen verfügt“ (S. 26).
Dagegen widerspricht der LSV nachdrücklich der Einschätzung der Freiraumplanung Diefenthal, „die Funktion für Freizeit- und Erholungsnutzung [bliebe] auch während der Abbautätigkeit gewahrt“ (S. 26), weil Wege verlegt würden. Es finden hier keineswegs nur „Feierabendspaziergänge“ statt. Das Naherholungsgebiet wird vielmehr tagsüber von vielen Menschen frequentiert. Spaziergänger, Radfahrer, Jogger, Senioren, Eltern mit Kindern, Hundebesitzer u.a. schätzen die frische Luft, die Bewegung im Freien und die Ruhe.
Das bisherige Abbaugebiet mit einer Fläche von ca. 500.000 qm und einer Tiefe bis 35 m wurde bereits der Naherholung entzogen. Durch die Schutzwälle am Rand der Tongrube wird der Blick in die freie Landschaft und in den Abbaubereich versperrt. Durch die beantragte Norderweiterung des Tontagebaus um 172.200 qm wird das Naherholungsgebiet weiter reduziert.
Lüsbacher Weg: Schutzwall rechts versperrt Blick in laufenden Tagebau, links bei Norderweiterung weiterer Schutzwall geplant, Blick in die Landschaft dann unmöglich (Foto: Dr. Michael Pacyna)
Anregung des LSV:
Im Rahmenbetriebsplan der SIBELCO werden die negativen Folgen für die Naherholung realistisch dargestellt.