Mehr oder weniger Verkehr mit der Rheinspange?

Die Autobahn-GmbH und die Befürworter der Rheinspange werden nicht müde zu behaupten, dass die Rheinspange eine deutliche Reduzierung von gefahrenen Kilometern bewirken würde. Die Einsparungen der gefahrenen Kilometer würden sowohl Zeit als auch Treibstoff sparen.

Eingesparte Zeit wird auch bei Privatfahrten mit Geld bewertet, Treibstoff sowieso und die rechnerische CO2-Einsparung ebenfalls.

Inwieweit privat eingesparte Zeit bei der von allen Steuerzahlern zu finanzierenden Infrastruktur gegengerechnet werden kann, ist problematisch, soll aber hier in diesem Zusammenhang nicht weiter betrachtet werden.

Merkwürdigkeiten auf der Webseite der Rheinspange

Auf der offiziellen Webseite der Autobahn-GmbH zur Rheinspange werden schlagwortartig verschiedene Argumente vorgetragen, die die Notwendigkeit und Vorteile der geplanten neuen Autobahnverbindung darstellen sollen. Es werden Zahlen vorgetragen, die suggerieren sollen, dass die Rheinspange unbedingt erforderlich sei. Bei genauem Hinsehen stellt man jedoch fest, dass zumindest einige der Argumente und Zahlen nur bedingt etwas mit der Rheinspange zu tun haben.

Andere Zahlen wie die Verkehrsbelastung sind entweder in sich nicht schlüssig oder widersprechen z.B. den Werten, die man von der Webseite der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) erhält.

Auszug aus der Webseite der Autobahn-GmbH unter der Überschrift "Warum die Rheinspange 553 wichtig ist":

Hier wird mit einer Zeitungsmeldung über die Stauhäufigkeit in Bonn und Köln suggeriert, dass eine zusätzliche Autobahn notwendig sei, um hier Abhilfe zu schaffen. Eher werden die Staus in den Städten zunehmen, wenn neue Autobahnen zusätzlichen Verkehr bringen. Um der Verkehrsprobleme in den Städten Herr zu werden, werden andere Konzepte notwendig sein als neue Autobahnen.

Allein der Begriff Urlaubstage suggeriert, dass wervolle freie Tage hier vergeudet würden.

Kein Mensch hat einen 8-Stunden-Urlaubtag, sondern höchstens einen 8-Stunden-Arbeitstag.

Auszug aus der Webseite der Autobahn-GmbH unter der Überschrift "Warum die Rheinspange 553 wichtig ist":


Mit der Information, dass im Jahr 2040 in der Wirtschaftsregion Köln/Bonn  270.000 Einwohner mehr leben würden, soll wohl suggeriert werden, dass hierfür eine neue Autobahn wohl unbdingt notwendig sei.

Als Informationsquelle wird die NRW-Bank genannt. Die NRW-Bank bezieht sich bei ihren Informationen auf den Landesbetrieb IT.NRW

Zu diesen Zahlen hat ein Leser der Webseite einen Kommentar abgegeben. In der Antwort dazu schreibt die Autobahn-GmbH, dass weder der dargestellte Zeitraum noch der Untersuchungsraum für die Rheinspange relevant seien. Ein Eingeständnis also, dass es hier nur um Meinungsmache ging.

Auszug aus der Antwort der Autobahn-GmbH

Die von Ihnen festgestellte Differenz bei den Einwohnerzahlen rührt daher, dass der von der NRW.Bank prognostizierte Bevölkerungszuwachs von 8,4% bzw. 270.000 zusätzlichen Einwohnern, auf den wir hier Bezug nehmen, für die gesamte Region Köln/Bonn gilt. Die Region ist größer als der Untersuchungsraum der Verkehrsuntersuchung der Rheinspange – sie wird auf Seite 2 der Quelle räumlich definiert. Des Weiteren gilt das Bevölkerungswachstum von 8,4% für das Jahr 2040 und nicht für das Jahr 2030.

Wir haben auf der von der Autobahn-GmbH angegebenen Quelle nachgeschaut. In dieser PDF-Datei kann man auf Seite 15 die o. g. Zahlen nachlesen. Die NRW-Bank selber bezieht sich auf Daten des Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen (IT.NRW). Ursprünglich konnte man dort eine Excel-Datei herunter laden. IT.NRW hat aber jetzt seine Webseite umgestellt und bietet jetzt umfangreiche PDF-Ausarbeitungen zum Herunterladen an. Zum Thema Bevölkerungswachstum siehe dort:

Statistische Analysen und Studien NRW, kostenlos - Band 84, Vorausberechnung der Bevölkerung in den kreisfreien Städten und Kreisen NRWs 2014 bis 2040/2060 - 2015 

https://www.it.nrw/bevoelkerungsvorausberechnung-nrw
 

Wir haben dann für die Gemeinden der Wirtschaftsregion Köln/Bonn die Werte zusammengestellt. Glaube keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast

Wir sehen nun, wie man mit korrekten Zahlen einen falschen Eindruck erzeugen kann: Für die gesamte Wirtschaftregion Köln/Bonn wird richtigerweise ein Bevölkerungszuwachs von 8,4 % diagnostiziert. Für den Nachweis eines Verkehrszuwachses ist dieser Wert aber völlig uninteressant. Wichtig für die Betrachtung einer Verkehrsbelastung sind die Werte zu den Verkehrsspitzenzeiten. Diese werden von den Personen im arbeitsfähigen Alter, also den 19-65-Jährigen erzeugt. In dieser Altergruppe wird für den Zeitraum bis 2040 nur in den beiden Stödten Köln und Bonn ein Bevölkerungswachstum zu erwarten sein. Für alle anderen Kreise ist ein Bevölkerungsschwund zu erwarten. Die Pendlerverkehre werden abnehmen.


Behauptungen der Autobahn-GmbH

Bei detaillierterem Hinsehen auf Zahlen aus dem Verkehrsgutachten der Autobahn-GmbH kommen Zweifel an den Behauptungen auf.

Im Verhältnis zu den dargestellten Zahlen der Verkehrsänderungen erscheint die Zahlen für die Rheinspange deutlich zu hoch.

Zur Methodik der Ermittlung der Verkehrszahlen siehe hier.

Wir haben die prognostizierten Verkehrszahlen für die Rheinbrücken aus der Verkehrsuntersuchung der Autobahn-GmbH übernommen, da hier außer den Fähren keine anderen Verkehrswege als Ausweichstrecken zur Verfügung stehen. Wir haben die Zahlen der Verkehrsanalyse 2018 und der Prognose 2030 den Zahlen für den Planfall 2030 (nördliche Variante) und den Planfall 2030 (südliche Varinate) gegenübergestellt.

Erstaulich ist, dass die Autobahn-GmbH zusätzlich zu den überzogenen Hochrechnungen mit ca. 8 bis 13 % Neuverkehr (Prognose 2030 / Planfall 2030) rechnet. Standard bei den Autobahnplanung ist ein induzierter Verkehr von 4 %. Hinzu kommt, dass eine Entlastung durch die bis dahin hoffentlich fertig gestellt Leverkusener Brücke nicht eingerechnet ist.

Fazit: Etwa 50 % des Verkehrs, der über die geplante Rheinspange fließen soll, ist zusätzlicher Verkehr, der erst durch die Existenz der Rheinspange entstehen würde.


Verkehrsgutachten weist zusätzlichen Verkehr durch die Rheinspange nach

Die hohen Werte beim induzierten Verkehr sollten durch ein externes Büro für Verkehrsfragen auf Plausibilität und Ursachen untersucht werden. Gemeinsam mit dem BUND-Rhein-Sieg-Kreis, der Bürgerinitiative "Nein zur Rheinspange" und dem LSV wurde die VIEREGG-RÖSSLER GmbH Innovative Verkehrsberatung mit der Untersuchung beauftragt.

Zur Darstellung der Verkehrsverlagerungen in Detail siehe hier.

Die Untersuchung erfolgte auf Basis der Zahlen aus der Verkehrsuntersuchung der Autobahn-GmbH und den Projekt-Daten des Bundesverkehrswegeplans (BVWP 2030). Für unterschiedliche Verkehrsbeziehungen wurden jeweils für die Nordvariante und die Südvariante die Mehr- und Minderverkehre aufgelistet und grafisch dargestellt. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Rheinspange auch für den nichtrheinüberschreitenden Verkehr genutzt würde, also z. B. für die Beziehung Wahn-Niederkassel.

Es ergaben sich drei unterschiedliche Verkehrsbeziehungen:

1. Fahrzeitverkürzung mit kürzer Fahrstrecken - Beispiel siehe blaue Strecke

2. keine Fahrzeitverkürzung mit in etwa gleichen Fahrstrecken - Beispiel siehe gelbe Strecke

3. Fahrzeitverkürzung mit längeren Fahrstrecken - Beispiel siehe rote Strecke

Die folgende vereinfachte Grafik stellt die drei vorgenannten Verkehrsbeziehungen für die Südvariante beispielhaft dar. Hierbei bedeuten die gestrichelten Linien die ursprüngliche Fahrstrecke, die durchgezogenen Linien die Fahrstrecke über die geplante Rheinspange. 

Im Gutachten selber werden 7 Routen untersucht, 4 für den lokalen Verkehr, 3 für den überregionalen Verkehr.

Multipliziert man nun die Anzahl der Fahrzeuge mit der jeweils veränderten Streckenlänge, so stellt man fest, dass sich die Verkürzungen und Verlängerungen bei der Südvariante die Waage halten:

Von den Fahrzeugen, die täglich mit der neuen Rheinspange eine neue Route wählen, fährt jedes Fahrzeug rechnerisch 15 Meter pro Tag mehr, was weit unterhalb der Messgenauigkeit liegt. Beim lokalen Verkehr gibt es eine leichte Verlängerung der Wegstrecken und beim überregionalen Verkehr eine minimale Verkürzung. Bei der Nordvariante ergibt sich pro Fahrt eine Streckenverkürzung von 2,5 km.

Dieser Mehrverkehr wird in der Wirtschaftlichkeitsberechnugn ignoriert. Gegenüber den von der Autobahn GmbH im Infobrief 29 genannten eingesparten 32,5 Mio Fahrzeug-km pro Jahr muss ein Mehrverkehr von 273 Mio Farhzeug-km pro Jahr gegengerechnet werden.

Das Gutachten betrachtet bei der Kosten-Nutzen-Untersuchung auch verschiedene Nutzenkomponenten.

Rheinspange bleibt Klimakiller

Letztendlich ergibt sich für die Nordvariante in Tonnen CO2 nicht eine jährliche Einsparung von 2.076 Tonnen, sondern eine Mehrbelastung in Höhe von 33.300 Tonnen CO2 pro Jahr. Statt einem in Geld bewerteten Klima-Vorteil in Höhe von von ca. 4 Mio EUR ergäbe sich ein negativer Beitrag zum Klima in Höhe von -118 Mio EUR.