Ein spezieller Aspekt
Der Gesichtspunkt Verkehr
Tatsächliche und vorgeschobene Argumente zum Gesichtspunkt Verkehr
Politiker, Verwaltung und Wirtschaftsvertreter wie die IHK versuchen, die Anrainer des Rheins zwischen Köln und Bonn von der Notwendigkeit einer neuer Autobahnverbindung zwischen der A 59 rechtsheinisch und der A 555 linksrheinisch zu überzeugen. Hierbei wird das Argument bemüht, dass Pendler, die morgens und abends bei Köln und Bonn im Stau stehen, schneller zur Arbeit kämen. Dass die Wirtschaft davon auch noch einen Vorteil erfährt, scheint nur als Nebeneffekt erwähnenswert.
Aber wer glaubt schon, dass der Bund mit mehreren Millionen Euro mittels einer Bundesfernstraße ein paar Pendler schneller zur Arbeit bringen will?
Bei der Betrachtung des Verkehrs muss unterschieden werden in
- Pendlerverkehr (Ziel- und Quellverkehr)
- Lieferverkehr (regionale Anlieferung einschl. Handwerkerverkehr)
- Fern- und Transitverkehr
Und es gibt hier eine Besonderheit: die Stadt Bonn
Die Stadt Bonn ist bestrebt, viele internationale Behörden anzusiedeln. Sie ist daher mit verantwortlich für den Siedlungsdruck in den umgebenden Kreisen und somit auch für den damit verbundenen zunehmenden Pendlerverkehr. Die Kommunen im Rhein- Sieg-Kreis und Landkreis Ahrweiler müssen die Folgen (und Kosten) tragen.
Wer im Stau steht, ist der Stau.
Die geplanten Verkehrsströme
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das Verkehrsgutachten zur Rheinspange, Seite 56 ff. Dort wurden zunächst die aktuellen Verkehrsströme durch unterschiedliche, sich zum Teil widersprechende Zählungen ermittelt. Das zur Zeit erhöhte Verkehrsaufkommen auf dem südlichen Kölner Autobahnring (A 4) wegen der für LKW gesperrten Leverkusener Brücke (A 1) wurde offensichtlich nicht berücksichtigt.
Die Verkehrsströme wurden für 2030 hochgerechnet und sodann umgerechnet für
- Prognose-Planfall 1 (nördliche Variante der Rheinspange)
- Prognose-Planfall 2 (südliche Variante der Rheinspange)
Das zusätzliche Verkehrsaufkommen durch die temporäre Sperrung der A 61 wird hier nicht weiter betrachtet, bestätigt aber die unten gemachten Ausführungen.
Karten mit Differenzverkehrsbelastungen ergänzen das Gutachten. Die Zahlen sind im einzelnen nicht nachzuvollziehen und werfen insbesondere dort Fragen auf, wo sich die Verkehrsströme plötzlich aufzulösen scheinen, dies insbesondere an den geplanten Anschlüssen der Rheinspange an die A 555. Ein Teil davon wird sicherlich den Wesselinger und Lülsdorfer Industrieunternehmen zuzurechnen sein. Weitere mögliche Verkehrsbeziehungen werden wir weiter unten betrachten.
Zur Belustigung wurde für jeden Prognosefall eine Karte mit den Ergebnissen einer Fahrzeitverkürzung hinzugefügt. Bezogen auf den bestimmt netten Niederkasseler Ortsteils Ranzel (ca. 5.000 Einwohner) wurde ermittelt, dass man von dort bis in die Gegend zum Phantasialand 10 - 15 min schneller sei. Für das weitere Umfeld würde die Zeitersparnis deutlich abnehmen.
Für beide Prognosefälle aus dem Verkehrsgutachten kann man als Ergebnis mitnehmen, dass es wohl hauptsächlich um die Entlastung des Streckenabschnitts der A 4 zwischen Autobahndreieck (AD) Heumar und Autobahnkreuz (AK) Köln-Süd auf der Fernverkehrsroute Süddeutschland Richtung Nordseehäfen Antwerpen und Rotterdam geht. Dabei wird sich der Verkehrsstrom von der A 3 ab AK Bonn-Siegburg über die A 560, die A 59, die A 553 (Rheinspange) auf die A 555 ergießen. Ein Teil wird sich dann über die Landesstraße L 150 (Godorf - Brühl- Nord) auf die A 553 (alt) bewegen, der Rest läuft dann im AK Kreuz Köln-Süd auf die A 4 Richtung Aachen. Da das AK Köln-Süd aber heute schon zu Stoßzeiten immer verstopft ist, wird der Stau noch größer werden oder das AK Köln-Süd muss deutlich baulich erweitert werden.
Der südliche Teil der A 555 (Richtung Bonn) sowie die A 565 zwischen AD Bonn-Nordost und AK Bonn-Nord soll dem Verkehrsgutachten nach leicht entlastet werden. Merkwürdigerweise soll aber auch dieser Streckenabschnitt ausgebaut werden.
Der Entlastungseffekt des südlichen Prognosefalls ist für die A 4 und A 555 deutlich geringer als im nördlichen.
Die Lage des Köln-Bonner Raums im europäischen Fernverkehrsnetz
Im Kölner Raum kreuzen sich verschiedene europäische Verkehrswege. Neben der oben genannten Beziehung Süddeutschland <=> Nordseehäfen ist die Autobahn A 1 für das Umfeld der geplanten Rheinspange nicht ohne Bedeutung.
Der Nord-Süd-Verkehr über die A 1 und ihre Ausweichstrecken
Die Bundesautobahn A1 dient laut Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz dem europäischen Nord- Süd-Transitverkehr aus Skandinavien und Norddeutschland Richtung Frankreich (Marseille und Spanien). Dies ist nachzulesen auf der Seite www.A1-Lueckenschluss.de.
Zur Zeit wird der Lückenschluss der A 1 zwischen Blankenheim (Eifel) und Kelberg vorrangig betrieben. Für diesen Abschnitt wird mit zu 30.000 Kfz/d gerechnet
Betrachten wir nun unseren näheren Bereich. Die A 1 tangiert den Köln-Bonner Raum. Der nord-westliche Kölner Autobahnring wird nicht nur wegen des Ehrenfelder Tunnels immer ein Engpass bleiben.
Klicken Sie auf die linke Karte und Sie sehen in der Vergrößerung, wie sich die A 553 für den Nord-Süd-Verkehr als Ausweichstrecke für die A 1 im Kölner Raum anbietet.
Nicht umsonst trägt die geplante Rheinspange ebenfalls die Bezeichnung A 553.
Da die Rheinspange relativ unmotiviert auf der A 555 enden soll, ergeben sich eine Reihe von Fragen über die Weiterführung des Verkehrs.
Um das Gesamtbild abzurunden, verweisen wir auf die Ausbaupläne zur A 59 zwischen Köln und Bonn und zur A 4 im Bereich des südlichen Kölner Rings, hier insbesondere auf den geplanten 8-spurigen Neubau der Rodenkirchener Brücke sowie auf die Ausbaupläne zur A 565 (Tausendfüßler).
Es muss befürchtet werden, dass die Rheinspange so viel neuen Verkehr bringt, dass weitere Straßenbaumaßnahmen notwendig werden. Insgesamt ist mit einem Wust von Autobahnneubauten zu rechnen. Dabei ist Nordrhein-Westfalen das Bundesland mit dem dichtesten Autobahnnetz.
Warum eine kurze Autobahn noch mehr Stau bringt
Ein bisschen Theorie zum besseren Verständnis der folgenden Kapitel
Jeder Verkehrsplaner weiß, dass die Leistungsfähigkeit einer Strecke von der Leistungsfähigkeit der benachbarten Knoten und der Gleichförmigkeit des Verkehrs abhängt. Das gilt sowohl für die Eisenbahn als auch für den Straßenverkehr wie auch für den Flug- und Schiffsverkehr (Bahnhöfe, Flughäfen und Häfen).
Bei Bundesautobahnen müssen vorrangig die Verkehrsknoten Autobahnkreuze und Autobahndreiecke betrachtet werden. Besondere Verkehrshemmnisse sind Fahrspurreduzierungen. Auf- und Abfahrten treten solange in den Hintergrund, als ihre Verkehrsströme von untergeordneter Bedeutung sind.
Hier sind die wichtigsten Elemente eines Autobahnknotens dargestellt.
Bauliche Verkehrshemmnisse sind:
1. die niedrigen Geschwindigkeiten in den Verbindungsrampen
2. Fahrbahnwechsel in den Verflechtungsstrecken. Dort müssen die Abbieger rechts rüber, die Auffahrenden links rüber. Durch ungeschickte Fahrweisen pflanzt sich ein Stau in einer Fahrtrichtung schnell auf andere Fahrrichtungen fort.
3. Einfahrbereiche, auch Beschleunigungsspur genannt.
Diese Streckenelemente sind gut geeignet, mittleren Verkehr aufzunehmen. Bei Überlastung bricht aber die Leistungsfähigkeit schlagartig ein.
Je kürzer diese Streckenelemente hintereinander folgen, um so langsamer wird der Verkehr insgesamt. Ein Stau in einem Element pflanzt sich schnell auf die benachbarten Elemente fort.
“Kreative” Fahrweisen besonders schlauer und eiliger Zeitgenossen verstärken den Effekt deutlich.
Erst auf der freien Strecke kann sich der Verkehrsfluss wieder formieren und gleichförmiger abfließen.
Im Bereich des AK Köln-Süd wurde die Verflechtungstrecke der Fahrtrichtung Rodenkirchener Brücke Richung Bonn mit der Fahrtrichtung Bonn Richtung Aachen mittels einer Behelfskonstruktion aufgehoben und damit die Leistungsfähigkeit des Knotens erhöht.
Machen Sie sich selber ein Bild!
- Achten Sie mal bei den Verkehrsnachrichten auf die Staubegründungen!
- Der überwiegende Teil der Staus rührt von Baustellen oder Unfällen her!
- Die meisten verkehrsbedingten Staus entstehen an Knotenpunkten!
Niemand wird seriöserweise glauben, dass im Zeichen von Verkehrswende und Klimaschutz eine millionenteure Bundesfernstraße nur für Pendler zum anderen Rheinufer gebaut wird. Wir versuchen überörtliche Zusammenhänge aufzuzeigen und verkehrstechnische Grundkenntnisse zu erläutern.
Hier sind Staubildungen vorprogrammiert
Beispiel für eine Häufung baulicher Verkehrshemmnisse
Betrachten wir exemplarisch die Fahrt von der A 555 von Köln kommend Richtung Bonn-Vilich. In diesem ca. 7 km langen Abschnitt haben wir folgende Verkehrshemmnisse:
- Verflechtungsstrecke mit dem Verkehr von Bonn-Nord Richtung Verteilerkreis
- Verflechtungstrecke mit dem Verkehr von Bonn-Endenich Richtung Köln
- Einfädelung von Bonn-Verteilerkreis
- Verflechtungsstrecke mit den Abfahrern Bonn-Auerberg
- Einfädelung von Bonn-Auerberg in Verbindung mit der Verflechtungsstreckenach Bonn-Beuel
- Einfädelung von Bonn-Beuel
- Fahrspurreduzierung im Autobahndreieck Bonn-Nordost.
- Einfädelung in Verbindung mit Verflechtungsstreckezur Ausfahrt Bonn-Vilich
LKW rollen durch unsere Dörfer
Weiter oben haben wir dargelegt, dass es konkrete Planungen gibt, die Autobahnen im Raum Köln-Bonn massiv auszubauen.
Unverständlich bleibt die Argumentation, dass nach dem Ausbau der A 565 eine weitere Autobahn (Rheinspange) notwendig sein soll, um den prognostizierten Verkehr aufnehmen zu können.
Legen wir nun die Karte aus der Rheinspangenplanung auf eine Karte, die das nähere Umfeld darstellt.
Nur die nördlich Variante lässt den Schluss zu, dass dort später ein Lückenschluss der A 553 geplant werden könnte.
Bei den südlichen Varianten steht die Frage im Raum:
Wo geht der Verkehr hin?
Klicken Sie auf den Button und Sie sehen einen Ausschnitt aus dem Verkehrsgutachten (Seite 72) zu den prognostizierten Verkehrsbelastungen.
Für den Bornheimer Raum sind zwar relativ starke Linien zu erkennen, wohlweislich stehen aber keine Belastungszahlen dran.
Auf dieser Karte sind oben rechts die bisher bekannten südlichen Varianten der Rheinspange dargestellt. Da unterschiedliche Varianten teilweise gleiche Anschlüsse an die vorhandenen Autobahnen besitzen, sind diese Autobahndreiecke (AD) hier im Westen mit W 1 bis W 4 benannt. Bei den Varianten mit den AD W2 und W3 entfällt die bisherige Anschlussstelle Wesseling. Dafür kommt, je nach Variante, eine neue Anschlussstelle bei Widdig mit Zubringern von der L 300 (Widdig) und L182.
Alleine hier sollen laut Prognose im Jahr 2030 täglich 44.000 Kfz rollen. Bedingt durch die neue Lage und den günstigen Anschluss an die L 300 muss befürchtet werden, dass sich deutlich mehr Verkehr über die L 300 und die anliegenden Ortsteile sowohl Richtung Wesseling und Köln als auch Richtung Bonn bewegt als heute.
Für den Ost-West-Verkehr ergeben sich daher als Ausweichstrecken 4 mögliche “Schleichwege”, teils in Kombination.
mögliche Ausweichstrecke 1:
Landesstraßen von Wesseling nach Bornheim und weiter nach Heimerzheim (L 192 / L182) und dort auf die A 61
mögliche Ausweichstrecke 2:
Landes- und Kreisstraße von Wesseling über Sechtem und Rösberg (L 190 / K 33) nach Weilerswist und dort auf die A61 / A 1.
mögliche Ausweichstrecke 3:
Landes- und Kreisstraßen von Wesseling über Sechtem, Merten nach Walberberg (L 193 / K33 / L 183) und dort auf die A 553 (alt)
mögliche Ausweichstrecke 4:
von der AS Bornheim durch das Gewerbegebiet Bornheim / Alfter über Oedekoven nach Hardtberg und dort auf die A 565.
Da neue Straßen nachweislich auch neuen Verkehr anziehen, sind die Forderungen nachfolgender Neu- und Ausbauten von Straßen schon abzusehen:
- Ausbau der L 182, insbesondere der Steigungsstrecke am Rankenberg (Vorgebirgsaufstieg bei Brenig)
- Lückenschluss der A 553 zwischen Widdig und östlich von Walberberg, verlaufend zwischen Sechtem und Keldenich.
Welche Möglichkeiten zur Entflechtung verschiedener Verkehre gibt es?
Unabhängig davon, dass es Möglichkeiten zur Reduzierung des Verkehrs gibt, wollen wir hier aufzeigen, dass es auch Lösungen für eine Entflechtung des Verkehrs gibt. Weiter oben haben wir aufgezeigt, welche Verkehrshemmnisse auftreten können und dass diese, wenn sie räumlich nah beieinander liegen, sich gegenseitig verstärken.
Es drängt sich also der Gedanke auf, bestimmte Verkehre zu entflechten, um einzelne Verkehre flüssiger zu gestalten.
Die Eisenbahn könnte hier als Vorbild dienen. In Ballungsräumen wird vielfach der Güterzugverkehr auf eigenen Gleisen geführt, entweder parallel zum Personenverkehr oder sogar auf eigenen Trassen. Im Köln-Bonner Raum wären da z.B. die Güterzugstrecke zwischen Troisdorf und Duisburg-Wedau, die Güterzugstrecke zwischen Hürth-Kalscheuren und Köln-Longerich und Abzweig nach Köln-Ehrenfeld zu nennen. Ebenso wird grundsätzlich versucht, S-Bahnstrecken auf eigenen Gleisen bzw. Trassen verkehren zu lassen.
Ein Beispiel im Straßenverkehr kann man bei unseren niederländischen Nachbarn in Eindhoven besichtigen (siehe Karte rechts). Schon im Süden von Eindhoven wird der gesamte Zielverkehr einschließlich Flughafenverkehr auf eine autobahnparallele Autostraße abgeleitet. Wer auf der Autobahn bleibt, kann erst weit im Norden von Eindhoven wieder abfahren. Diese Lösung mit der Asphaltwüste ist sicherlich nicht die nachhaltigste; sie soll auch nur zum Nachdenken anregen.
Eine weitere Entflechtungsmöglichkeit wäre die Steuerung von Fern- und Transitverkehr z.B. zu bestimmten Verkehrszeiten und für bestimmte Strecken, auch mit zeitlich unterschiedlichen Mautgebühren. Hier hören wir schon die Wirtschaft mit dem Argument von Kosten und Arbeitsplätzen jammern. Aber wer trägt die Kosten für neue Straßen? Und was bei maroden Brücken geht, muss auch bei der Verkehrssteuerung gehen.
Fazit
Verkehrsknoten bilden die Engstellen im fließenden Verkehr. Daher wäre es folgerichtig, zunächst die Knoten so auszubauen, dass eine Minimierung der Verkehrshemmnisse erreicht wird. So wurde beispielsweise im Kreuz Köln-Süd schon mal eine Verflechtungsstrecke durch den Bau einer Behelfsbrücke vorläufig aufgelöst.
Weiter Maßnahmen wären disziplinierte Fahrweisen an den neuralgischen Punkten. Also beispielsweise nicht im letzten Moment einscheren und freie Fahrbahnen blockieren, Verkehr gleichförmig gestalten und nicht noch schnell überholen. Eine permanente Verkehrsüberwachung an diesen Stellen würde die Disziplin und damit den Verkehrsfluss merklich verbessern.
Das A und O wäre natürlich eine Verringerung des Verkehrs.